Einleitung

Der bauliche Bestandsschutz ist ein zentrales Thema im österreichischen und deutschen Baurecht, das sich mit dem Schutz bestehender Bauwerke befasst. Dieser Schutz ist besonders relevant für Eigentümer und Investoren, die sich mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob ihre Gebäude den aktuellen gesetzlichen Anforderungen entsprechen oder ob sie von bestimmten Vorschriften ausgenommen sind. Der Bestandsschutz ermöglicht es, dass bestehende Bauten auch dann weiterhin genutzt werden können, wenn sich die rechtlichen Rahmenbedingungen ändern oder geändert haben.

Rechtsgrundlagen des baulichen Bestandsschutzes

In Österreich wird der bauliche Bestandsschutz durch verschiedene Gesetze und Verordnungen geregelt. Die wichtigsten Rechtsquellen sind das Baugesetz (BauG) sowie die jeweiligen Landesbauordnungen. Diese Gesetze definieren die Voraussetzungen, unter denen ein Gebäude als “bestandsgeschützt” gilt. Grundsätzlich gilt: Ein Bauwerk genießt Bestandsschutz, wenn es vor Inkrafttreten neuer Vorschriften errichtet wurde und alle damals geltenden Bestimmungen eingehalten hat. das bedeutet, dass für bestehende Gebäude nachträglich keine Änderungen durch die Behörde auferlegt werden dürfen.

Voraussetzungen für den Bestandsschutz

Um den baulichen Bestandsschutz in Anspruch nehmen zu können, müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein:

  1. Errichtungszeitpunkt: Das Gebäude muss vor dem Inkrafttreten der neuen gesetzlichen Regelungen errichtet worden sein.
  1. Einhaltung der damaligen Vorschriften: Zum Zeitpunkt der Errichtung müssen alle relevanten Bauvorschriften eingehalten worden sein.
  1. Nutzung: Die Nutzung des Gebäudes muss seit seiner Errichtung unverändert geblieben sein oder nur geringfügige Änderungen erfahren haben.

Diese Voraussetzungen sorgen dafür, dass nicht jede bauliche Veränderung automatisch zum Verlust des Bestandsschutzes führt.

Arten des Bestandsschutzes

Es gibt zwei Hauptarten des baulichen Bestandsschutzes:

  1. Unveränderter Bestandsschutz: Dieser gilt für Gebäude, die seit ihrer Errichtung unverändert genutzt werden. Hierbei bleibt das Gebäude von neuen Auflagen und Vorschriften unberührt.
  1. Veränderter Bestandsschutz: Wenn an einem bestehenden Gebäude Veränderungen vorgenommen werden – sei es durch Umbauten oder Nutzungsänderungen – kann dennoch ein eingeschränkter Bestandsschutz bestehen bleiben. In diesem Fall müssen jedoch bestimmte Bedingungen erfüllt werden, um sicherzustellen, dass die Änderungen nicht gegen geltendes Recht verstoßen.

Ausnahmen vom Bestandsschutz

Trotz des bestehenden Schutzes gibt es Situationen, in denen dieser aufgehoben werden kann:

  1. Sicherheits- und Gesundheitsrisiken: Wenn ein Gebäude eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Gesundheit darstellt, kann der Bestandsschutz entzogen werden.
  2. Ästhetische Gesichtspunkte: In einigen Fällen können auch ästhetische Kriterien dazu führen, dass ein bestehendes Gebäude nicht mehr den Anforderungen entspricht und somit kein Schutz mehr besteht.
  3. Änderungen im öffentlichen Interesse: Wenn sich beispielsweise städtebauliche Planungen ändern und das bestehende Bauwerk diesen neuen Plänen widerspricht, kann dies ebenfalls zu einem Verlust des Bestandsschutzes führen.

Fazit

Der Bestandsschutz gibt Personen, die Immobilien besitzen die Gewissheit, dass der Staat im Nachhinein keine Veränderungen an dem Objekt veranlassen beziehungsweise die Durchführung erzwingen kann. Die Bebauung laut erteilter Baugenehmigung bleibt jederzeit gültig. Wird das Gebäude von dem Eigentümer geändert oder steht es lange Zeit leer und wird nicht genutzt, kann der Bestandsschutz verfallen.

Zitate zum Thema:

OIB 03/15 Brandschutz bei Bestandsbauten von Michael Fürtler

Brandschutztechnische Nachrüstungen

Bei bestehenden Gebäuden, welche über einen bestehenden baurechtlichen Konsens verfügen, ist eine brandschutztechnische Nachrüstung in der Regel nicht vorgesehen.

https://www.oib.or.at/sites/default/files/heft_3_2015_redaktioneller_teil.pdf

TGA 5 Bestandsverbesserung im Wohnbau

So lange ein Bauwerk in Verwendung ist, müssen diese technischen Anlagen auf dem damaligen Standard instand gehalten werden und die Funktionstüchtigkeit gewährleistet sein. Eine Nachrüstung ist nicht notwendig.

https://tga.at/planen/bestandsverbesserung-im-wohnbau-ein-heikles-thema-in-der-praxis

Stefan Koch Rechtsanwalt für Baurecht und Brandschutz (D)

Da Wesen des Bestandsschutzes liegt darin, dass eine rechtmäßige errichtete bauliche Anlage nicht rechtswidrig ist, obwohl sie im Widerspruch zum geltenden Recht steht.

TR Ing. Manfred Kernstock, Juni 2024

Der Autor ist Eigentümer eines Ingenieurbüros für Elektrotechnik und hat in dieser Funktion die (elektro)technische Infrastruktur von rund eintausend Objekten saniert, etwa 700 davon in mehrgeschoßigem Wohnbau.